21./22. Juli Kutsch-Open Air auf der Burg Lindenfels
"Den Namen verdankt die Disco schottischen Studenten"
"Ye Old Carriage Inn" wird 30 Jahre alt - Fete zum Geburtstag - Rustikale Kultstätte in Lindenfels
TANZSAAL: Bis vor 30 Jahren wurde der Anbau des Gasthauses "Zur Traube" an der Lindenfelser Burgstraße als Tanzsaal genutzt. Seitdem ist dort die Discothek "Ye Old Carriage Inn" untergebracht, die älteste noch existierende im Kreis Bergstraße.
LINDENFELS. Discotheken sind eine Erscheinung der jüngeren Zeit, und diese gilt in der allgemeinen Wahrnehmung als "schnellebig". Damit ist zumeist gemeint, daß eine Mode die nächste jagt und Neuerungen genauso schnell, wie sie gekommen sind, auch wieder vergessen werden. Dies gilt nicht für das Phänomen "Discothek" im allgemeinen, um so mehr aber für die einzelnen Etablissements, die ihre Namen und Betreiber wechseln wie zivilisierte Menschen die Unterhosen, bevor meist nach einigen Jahren die bunten Blitzlichter ganz ausgehen und sich Staub auf die Plattenteller legt. Angesichts dessen sind 30 Jahre für eine Discothek ein nahezu biblisches Alter, zumal wenn sie in dieser Zeit ihren Namen behalten und den Betreiber nur zweimal gewechselt hat. Dies trifft auf die älteste noch existierende Discothek im Kreis Bergstraße zu. Sie steht in Lindenfels und heißt offiziell "Ye Old Carriage Inn", im Volksmund freilich meist nur: "die Kutsch". Heute (16.) um 21 Uhr beginnt eine dem Anlaß entsprechende große Geburtstagsfeier in der und rund um die Discothek, die um 3 Uhr enden wird. So lange ist die Disco, die an der Burgstraße mitten in Lindenfels liegt, sonst nicht geöffnet. Denn die Tanzlustigen, die nach Lindenfels kommen, können sich immer noch nicht länger zur Musik bewegen als vor 30 Jahren. Das liegt weniger an ihrer Kondition als vielmehr an der üblichen Sperrstunde, an die die Kutsch gebunden ist. Getanzt wird in dem Raum schon länger als drei Jahrzehnte. Die Musik hat sich jedoch deutlich geändert. Bevor der Raum zur Disco wurde, war er der Tanzsaal des Gasthauses "Zur Traube", das von 1864 bis 1983 von Familie Gärtner in Lindenfels betrieben wurde. Der Saal wurde vor allem an Festtagen, wie Kirchweih, Maifeiertag, Pfingsten und Ostern geöffnet, zudem wurde er als Speisesaal für Gesellschaften, Hochzeiten und Betriebsausflüge genutzt, die von Hans Gärtner bekocht wurden. "Viele Lindenfelser werden sich noch gut und gerne an die Zeit erinnern. Doch der Touristenbetrieb in Lindenfels wurde immer mehr, es mußte für immer mehr Tages- und Pensionsgäste gekocht werden, so daß wir den weiteren Betrieb im Saal aufgehen mußten", erzählt Herta Gärtner. Es sei damals auch eine Personalfrage gewesen. Zur Aushilfe arbeiteten zu dieser Zeit Studenten aus Schottland in der "Traube", um ihr Deutsch zu verbessern - und von jenen Studenten stammt laut Herta Gärtner auch der Name der späteren Disco: "Ye Old Carriage Inn", zu deutsch: Gasthaus "Zur Alten Kutsche". Zur gleichen Zeit arbeiteten die beiden Kinder der Familie Gärtner in Zürich im Hotelfach, der Sohn als Koch, die Tochter als Serviererin. "Als sie zurückkamen, hatten sie die Idee, aus dem stillgelegten Saal eine Discothek zu machen", erinnert sich Herta Gärtner. Hintergrund: In der Lindenfelser Gastronomie gab es nur in der Sommersaison ausreichend Arbeit. Die Disco war daher eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Wintermonate. Da es für die neue Nutzung nur eines Umbaus des Inneren des Saals und damit auch keiner Genehmigung bedurfte, wagten die Gärtners das Experiment. 1968 war die Disco fertig und wurde zu einem Erfolg.
Rustikal: Dunkles Holz bestimmt seit 30 Jahren das innere der Lindenfelser Discothek
Da wo früher Braut und Bräutigam an langen Tischen im hellen Raum speisten, dominiert seitdem dunkles Holz. Das Publikum findet auf zwei Ebenen Platz, eine alte Kutsche in der Ecke beherbergt den Discjockey - guter, rustikaler Stil der sechziger Jahre. An der Innenausstattung hat sich bis heute wenig geändert, ein bißchen mehr Barstrecke vielleicht und hier und da eine Kleinigkeit, aber sonst hat sich der Laden die ganz besondere Note eines "Beatschuppens", wie das wohl vor 30 Jahren hieß, bewahrt. In keiner anderen Tanzkneipe weit und breit ist in einem so hohen Maße spürbar, daß dort bereits mehrere Nachkriegsgenerationen freizeitgesellschaftlich sozialisiert wurden. Einer der wenigen Umbrüche in der Geschichte der "Kutsch", die in der kleinen Kurstadt Lindenfels fast natürlich auch stets von Beschwerden der Anwohner über die Lautstärke der Discothek und ihrer Besucher begleitet war, kam 1983. Damals
stiegen Ralf Colin, Uwe Trumpfheller und Fritz Strössinger auf den Kutschbock, die drei hatten zuvor in der Disco gearbeitet. 15 Jahre - bis zum Frühjahr dieses Jahres - waren sie als Betreiber tätig. Seither ist "Ye Old Carriage Inn" wieder in der Obhut der Gründerfamilie. Mit Matthias Arras übernahm der Enkel von Herta Gärtner die Regie. Befürchtungen, daß mit dem Ende der Ära Colin-Trumpfheller- Strössinger vieles von dem, was die rustikale Kultstätte der Jugendkultur ausgemacht hat, verlorengehen würde, bestätigten sich nicht. Die Lindenfelser Diskothek ist und bleibt eines der Zentren der Freizeitgesellschaft im vorderen Odenwald. Zur Geburtstagsfeier gibt es neben einer Verlosung, deren Hauptpreise Reisen nach Malta und London sind, Getränkepreise wie vor 30 Jahren. Zudem werden viele der DJs, die in der Vergangenheit in der Kutsch Platten aufgelegt haben, noch mal für Musik sorgen. Allen, die mitfeiern wollen, sei jedoch empfohlen, nicht mit dem Auto vorzufahren. Denn der Parkplatz Burgstraße ist wegen des Kirchweihfests gesperrt. Arras bittet daher alle Besucher auf andere, Abstellmöglichkeiten auszuweichen, beispielsweise an der Kappstraße.
aus: Südhessische Post, 16.10.1998, S. 19
Ye Old Carriage Inn / Burgstraße 12 / 64678 Lindenfels / Tel./Fax: 06255 - 1597 / [email protected]
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