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FAIRY TALE
oder
Wie alles begann
Es war einmal ein Elternpaar im fernen Wormsalt, das hatte vier Kinder, davon war schon das älteste klug und gescheit und wusste sich in alles wohl zu schicken, solange es an der Zeit war.
Gemäß dem Wunsch ihrer bürgerlich-betulichen Eltern, die selber schon Familien entstammten, die in Diensten der Landesherrschaft in Amte und Würden waren, besuchte das Mädchen altehrwürdige Lehranstalten von hohem Ruf und strengem Reglement.
Gerade aber an einer dieser Lehranstalten geriet sie an den sonderlichen Magister Agricola, der nicht nur bewandert war in allerlei Wissenschaften von der Natur, sondern seine Vorlieben fand in Gesellschaft der schönen Musen. Ganz abseits des traditionellen Lernens wies er eine ganze Schar eingeweihter Schüler und Schülerinnen ein in die Geheimnissse der Verstellung und des betörenden Gesanges, mit denen sie bei fast schon kultischen Singspielen ihr Publikum verzauberten.
Auch die wohlerzogene Tochter geriet in den Dunstkreis dieses Magiers und wurde von ihm zunehmend mit der Aufgabe der Maskierung der Mimen und Sänger betraut. In der Folge zündte auch in ihr der Funke der Gestaltungskraft; und sie entbrandte so sehr für diese neue Leidenschaft, dass sie zum Ende des elften Jahres der schulischen Ausbildung bei ihren Eltern vorsprach und darum bat, aus der ihr gesetzten Laufbahn entlassen zu werden.
Doch als der gestrenge Vater dieses Ansinnen vernahm, verhärtete sich sein Herz; denn er hatte selber von Kindesbeinen an und nun schon seit Jahrzehnten die Räume der Lehranstalten nicht mehr verlassen, außer um den notdürftigen familiären Pflichten nachzukommen, die Ehefrau und Kinder von ihm erwarteten. Er drohte seiner Ältesten sie zu enterben, sie von Haus und Hof zu jagen, ihr gar die Nutzung seiner teueren Brieftauben zu untersagen, mit denen sie in ihrer kargen Freizeit einen doch regen Kontakt mit ihren Freundinnen pflegen konnte, wenn, ja wenn sie sich nicht wieder schicke, wie es sich gehöre.
So stellte sie schweren Herzens ihre Leidenschaft hintan und schickte sich weiterhin in die ihr vorgegebene Laufbahn. Sie erwarb so auch ergeben ihr Bakkalaureat und widmete sich den geistigen Studien in der nahen Kaiserstadt AquisGrana. Immer öfter und immer länger verblieb sie selbst in dieser Stadt und war nur noch selten in dem kleinen Wormsalt zu sehen. Schon raunten schon die Leute, wenn sie sie hier und da beim elterlichen Hause sahen, und sprachen: "Mit der wird der Vater noch seine Last haben!"
Kaum aber war sie der elterlichen Obhut weitgehend entronnen, da lockten neben der in ihrem Inneren noch immer brodelnden Leidenschaft dazu die Reize der fremden Ferne, und es zog sie immer öfter - erst noch mit vertiefenden Studienzwecken begründet - der rosane Himmel des fernen, großen Colonia, der wahrhaft großen Stadt, von der es in schwärmerischen Kreisen hieß, dass sie die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten sein solle.
Nur noch einmal fand sie sich in ihrem hochgewölbten, engen gotischen Studierzimmer im Hause ihrer Eltern und sprach eines Abends - unruhig auf dem Sessel an ihrem Pulte hin und her rutschend - zu sich selber in schwellenden Worten:
"Hab' ich nun, ach, Philosophie und Linguistik,
Literaturwissenschaften und Komparatistik,
Aber - Gott sei Dank! - auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Doch steh ich nun da, ich armer Tor
Und bin so klug als wie zuvor.
Werde Magisterin, vielleicht Doktorin gar
Und ziehe dann bald viele Jahr
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum -
Und sehe doch, dass wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich nicht gescheiter als all die Laffen,
Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen aber Skrupel und Zweifel,
Fürchte mich zwar weder vor Hölle noch Teufel -
Dafür ist mir aber auch alle Freud entrissen,
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab ich weder Gut noch Geld,
Noch Ruhm und Herrlichkeit der Welt;
Es möchte kein Hund so länger leben!
Drum hab ich mich dem Handwerk und der Kunst ergeben,
Ob mir durch meiner Finger Witz und Kraft
Nicht manch Geheimnis würd' verschafft;
Dass ich nicht mehr mit saurem Schweiß
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
Dass ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält,
Schau alle Wirkenskraft und wahre Samen,
Und tu nicht mehr in Worten kramen."
Sie sprach's zu sich; da war's gescheh'n: Halb zog es sie, halb sank sie hin und ward beim Studium nicht mehr gesehn.
Fortsetzung folgt ...
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